
Zukunftssichere Banken-Architektur: Jetzt planen, statt später reagieren

Viele Banken kämpfen noch mit der Umsetzung ihrer letzten Digitalstrategie – da ändern sich Markt und Technik erneut. Neue Regeln, neue Software, und natürlich KI – viele Geldhäuser fragen uns, wie sie “reagieren” sollen.
Unsere klare Empfehlung: Gar nicht. Denn wer mittel- und langfristig besser fahren will, sollte lieber in Vorausdenken, Vorausplanen, und Voraus-Entwickeln investieren – insbesondere in zukunftsfähige Strukturen.
Hier unsere Gedanken zu “Banken-Geschäftsarchitekturen der Zukunft”
Wir meinen in Zeiten von Wirtschaftskrisen, Handelsstreits, Zinstrubel und immer neuen Regeln zeichnet sich eine wertsteigernde Bank-Architektur vor allem durch eines aus: Effiziente Resilienz. Diese wiederum entsteht unserer Einschätzung nach durch Kundenzentrierung, Vorausschau, Flexibilität und einem gerüttelten Maß an Risiko- und Kosten-Steuerung.
Konkreter heißt das, Banken sollten Geschäftsarchitekturen entwickeln, die:
● Kundenzentrierung maximieren: Die Architektur muss so ausgerichtet sein, dass sie Kundenerwartungen schnell und präzise erfüllt – egal ob digital, stationär oder hybrid. Neue Services sollten einfach und modular entwickelt und angeboten werden können.
● Flexibilität und Schnelligkeit unterstützten: Zukünftige Strukturen müssen auf gekapselten „Geschäftsfähigkeiten“ (bisweilen auch: „Packaged business capabilities“) basieren, die unabhängig voneinander agieren und sich bei Bedarf schnell zu neuen Services kombinieren lassen. Das reduziert Komplexität und erleichtert Anpassungen.
● Simulationen und Szenarioplanung ermöglichen: Angesichts dynamischer Marktveränderungen wird es immer wichtiger, strategische Optionen zu simulieren und verschiedene Entwicklungspfade frühzeitig durchzudenken. Eine Architektur, die auf Datenzugänglichkeit und -auswertung setzt, schafft hier einen klaren Vorteil.
● Robuste und souveräne IT nutzen: Die technologische Basis muss resilient, skalierbar und flexibel sein. Dazu gehört ein ausgewogener Mix aus Public- und Private-Cloud-Ansätzen, eine nahtlose Datenintegration, leistungsfähige Analytics-Fähigkeiten, die Silos überwinden – und natürlich ein starker Fokus auf Cybersecurity.
● Auf Service-Strukturen beruhen: Aufbau- und Ablauforganisationen sollten so gestaltet sein, dass sie Anpassungen nicht nur ermöglichen, sondern aktiv fördern. Das bedeutet klare Verantwortlichkeiten und minimale Abstimmungsaufwände einer- und modulare, flexibel kombinierbare Business-Capabilities und -Services andererseits.
Wie aber können Geldhäuser derartige Architekturen entwickeln?
Der erste Schritt zur Entwicklung einer resilienten, zukunftsfähigen Geschäftsarchitektur ist das Stellen der richtigen Fragen. Denn nur wer die eigenen Strukturen, Ziele und Herausforderungen systematisch hinterfragt, kann gezielt optimieren.
Diese Fragestellungen sollten dabei im Fokus stehen:
Die zentrale Leitfrage lautet: „Welche Anforderungen ergeben sich aus unserer Geschäftsstrategie für unsere Abläufe?“
Viele Banken ringen noch immer mit der richtigen Balance zwischen Filial- und Online-Geschäft. In diesem Spannungsfeld ergeben sich häufig Optimierungspotenziale. Prozesse, Strukturen und Systeme sollten so gestaltet sein, dass sie nahtlos zwischen den Kanälen funktionieren – und Kunden dort erreichen, wo diese es erwarten.
Doch auch auf strategischer Ebene lohnt sich der kritische Blick: Unterstützen unsere bestehenden Strukturen wirklich unsere langfristigen Ziele? Oder verhindern interne Silos, veraltete Prozesse und technologische Abhängigkeiten die notwendige Agilität?
Nachhaltigkeit und ESG-Anforderungen gewinnen weiter an Bedeutung – und ihre Umsetzung wird komplexer. Besonders Banken mit internationalem Geschäft sollten sich fragen:
Wie beeinflussen Marktveränderungen in Übersee (z.B. neue ESG-Vorgaben in den USA) unsere Nachhaltigkeitsstrategie?
Welche regulatorischen Anforderungen sind heute schon relevant, und welche zeichnen sich ab?
Welche Entscheidungen müssen wir frühzeitig treffen, um Compliance sicherzustellen und Risiken zu minimieren?
Diese Fragen sind keine Randnotizen, sondern betreffen die gesamte Architektur einer Bank. Denn nur wenn Nachhaltigkeitsziele auch in Aufbau- und Ablauforganisation, IT-Strategie und Service-Design integriert sind, werden sie langfristig tragfähig.
Regulatorische Anforderungen verändern sich stetig – ob im Compliance-Bereich, beim Zahlungsverkehr oder bei internationalen Geschäften. Banken sollten deshalb regelmäßig analysieren:
Wie abhängig ist unsere Infrastruktur von internationalen IT-Dienstleistern?
Welche Risiken ergeben sich aus geopolitischen Spannungen oder sich verändernden Marktbedingungen?
Wie sieht ein resilienter, zukunftssicherer IT-Stack aus – und wie schnell können wir auf externe Schocks reagieren?
Solche Fragen betreffen nicht nur die Technik, sondern auch Governance-Strukturen, Prozesse und Service-Designs.
Innovationen wie der digitale Euro, neue Bezahlverfahren oder Open Banking-Initiativen eröffnen neue Möglichkeiten. Die Frage ist:
Welche Potenziale bieten diese Entwicklungen für neue Services oder Geschäftsmodelle?
Welche Partnerschaften könnten künftig notwendig sein, um Innovationskraft zu sichern?
Wie muss unsere Geschäftsarchitektur gestaltet sein, um neue Markttrends schnell und effizient integrieren zu können?
Hier gilt: Wer frühzeitig plant, verschafft sich langfristige Vorteile.
Viele Banken experimentieren noch mit Pilotprojekten rund um KI und Automation – doch ein strategischer Ansatz fehlt oft. Die Frage lautet deshalb:
Weshalb, wo und wie sollte KI gezielt eingesetzt werden – und wo bewusst nicht?
Welche Use Cases bieten echten Mehrwert, und wie lassen sich diese sicher, effizient und nachhaltig integrieren?
Wie verhindern wir eine unkontrollierte „KI-Wildwuchs“-Architektur, die langfristig mehr Komplexität als Nutzen stiftet?
Die Antwort liegt in einem klaren Architekturansatz, der Pilotprojekte mit strategischen Zielen verknüpft und nachhaltige Skalierung ermöglicht.
Aus all diesen Überlegungen ergibt sich die entscheidende Frage: „Welches Betriebsmodell brauchen wir in Zukunft?“
Welche Fähigkeiten und Services sind notwendig, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden?
Wie sollten diese bereitgestellt und organisiert werden – intern, extern oder in Partnerschaften?
Welche organisatorischen und technologischen Strukturen benötigen wir, um flexibel und effizient agieren zu können?
Die Zielsetzung sollte klar sein: eine Architektur, die Anpassungen nicht nur ermöglicht, sondern aktiv fördert. Das erfordert eine konsequente Fokussierung auf modular aufgebaute „Business Capabilities“, agile Betriebsmodelle und eine technologische Basis, die sowohl Flexibilität als auch Sicherheit gewährleistet.
Die Herausforderungen für Banken sind vielfältig – und sie werden nicht weniger. Wer heute noch damit beschäftigt ist, auf Veränderungen „zu reagieren“, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Der Schlüssel liegt deshalb nicht im Reagieren, sondern im Vorausdenken.
Welche Strukturen helfen uns, auch unter Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben?
Wie gestalten wir unsere Organisation so, dass sie schnell, flexibel und widerstandsfähig ist?
Wie schaffen wir eine Architektur, die nicht nur die Gegenwart verwaltet, sondern die Zukunft gestaltet?
Die Antworten auf diese Fragen erfordern Mut, Weitsicht – und eine Geschäftsarchitektur, die nicht nur für die nächste Veränderung gerüstet ist, sondern auch für die übernächste.
Jetzt ist die Zeit, diese Strukturen zu entwickeln – damit Banken nicht nur reagieren, sondern gestalten können.
Martin Koob, Senior Consultant Zahlungsverkehr