Liefern ohne Overhead – Projektleistung steigern mit “Bordmitteln”

Liefern ohne Overhead – Projektleistung steigern mit “Bordmitteln”
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Warum überladene Projektportfolios keine neuen Frameworks, sondern besseren Fokus brauchen

Viele Unternehmen kämpfen mit überlasteten Projektportfolios. Der Fortschritt stockt, Schlüsselrollen sind überlastet, Projekte laufen nebeneinander her – und der Projektstatus färbt sich zunehmend rot.

Der klassische Reflex? Neue Steuerungs- oder Skalierungsansätze sollen es richten: Scaled Agile, DevOps, Value Stream Management. Allesamt durchdachte Konzepte mit viel Potenzial … aber:

Nicht jede Herausforderung braucht ein neues Framework.

Manchmal braucht es vor allem eins: Steuerung. Klarheit. Und die Bereitschaft, weniger gleichzeitig zu tun. Ein Abriss:

Projektstau? Schuld ist meist nicht die Methode!

Was den meisten Firmen tatsächlich fehlt, ist der nötige Fokus. Wenn alles gleichzeitig umgesetzt werden soll, fehlt schnell der Überblick – und bald schon funktioniert kaum mehr etwas richtig.

Was dann benötigt wird, ist nicht zwingend eine neue Rolle oder ein weiteres Steuerungstool, sondern ein Mechanismus, der Wirkung erzeugt.

Was sehen wir in der Praxis?

  • Projektportfolios, die mehr Projekte starten, als sie tragen können

  • Teams, die permanent zwischen Themen springen

  • Steuerungsmeetings, die sich im Reporting verlieren

  • Fortschritt, der gefühlt nachlässt – obwohl alle „ausgelastet“ sind

  • Der eigentliche Engpass ist selten die Methodik, sondern die Kapazität

47 % der agilen Transformationen scheitern, häufig aufgrund unzureichender Umsetzung oder fehlender Anpassung an die spezifischen Unternehmensbedürfnisse.

Neues Framework? Muss meist nicht sein

Wenn derartige Schwierigkeiten entstehen, greifen viele Unternehmen gern gleich zur ganz großen Lösung: Scaled Agile, Value Stream Management, DevOps und Ähnliches sollen dann eingeführt werden und helfen.

Doch die Verfahren – obwohl per se äußerst hilfreich – benötigen in der Regel immer auch umfängliche Veränderungen. Und die bedeuten Mehraufwand: finanziell, zeitlich und auch hinsichtlich der Konzentration der Mitarbeitenden.

Neue Rollen, neue Meetings, neue Tools werden mindestens verlangt – nicht selten werden sogar eine komplette Reorganisation oder ein umfassendes Re-Tooling fällig (von der Tatsache, dass häufig externe Experten gewählt, beauftragt und hinzugezogen werden müssen, ganz zu schweigen).

Kurz: Einführung und Verfahren bringen oft zusätzlichen Overhead. Und in Organisationen, die ohnehin schon an der Belastungsgrenze arbeiten, ist der häufig schlicht zu viel des Guten.

Vor allem aber ist er nicht immer nötig. Denn wer „einfach“ und gezielt zunächst Engpässe beseitigt, entlastet schneller – und schafft genau die Klarheit und Luft, die große Frameworks später überhaupt erst wirksam macht.

Vorsicht, Framework: Zum Fehlschlag-Risiko von Agile & Co.

Die Einführung großer Delivery-Systems kostet nicht nur erhebliche Zeit und Energie, sondern birgt überdies ein Scheiternsrisiko, das nicht selten erheblich sein kann. Studien zeigen beispielsweise:

  • 47 % der agilen Transformationen scheitern, häufig aufgrund unzureichender Umsetzung oder fehlender Anpassung an die spezifischen Unternehmensbedürfnisse. (cf. Scrum Inc.)

  • 65 % der agilen Projekte verfehlen ihre Ziele in Bezug auf Zeit, Budget und Qualität. (cf. resolution.de)

  • 90 % der DevOps-Initiativen erfüllen laut Gartner nicht die Erwartungen – insbesondere hinsichtlich Liefergeschwindigkeit, Flexibilität oder Qualität. Häufige Ursachen hierfür sind ungenügende Testprozesse, unzureichende Automation sowie interne Widerstände. (cf. instinctools.com)

 

Was wirklich hilft: Engpass-orientierte Steuerung

Ein Ansatz, den viele Organisationen übersehen, stammt aus der Theory of Constraints. Statt Prozesse vollständig umzubauen, konzentriert er sich auf den Flaschenhals – also den Ort im System, der den Durchsatz bestimmt.

In Projektportfolios ist dieser Engpass oft nicht sichtbar. Es sind keine Tools, keine Prozesse – sondern Menschen. Rollen, die in mehreren Projekten gefragt sind, aber in keinem so richtig wirksam werden können. Die Idee ist simpel:

  • Priorisieren statt parallelisieren

  • Engpässe gezielt entlasten

  • Nur so viele Projekte gleichzeitig fahren, wie die Organisation wirklich tragen kann

Das senkt den Abstimmungsaufwand, beschleunigt Entscheidungen – und erhöht am Ende die Wirkung pro investierter Stunde.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Projektportfolio umfasst zehn laufende Vorhaben. Alle sind wichtig, mehrere davon kritisch. Einige befinden sich im Verzug, andere drehen in der Planungsphase fest.

Nach einer einfachen Analyse zeigt sich: Drei Rollen sind in fast allen Projekten involviert. Der Projektstatus hängt am Kalender dieser drei Personen.

Der Vorschlag: Nur drei Projekte laufen aktiv weiter. Die übrigen werden gezielt pausiert – nicht beendet, nicht ignoriert, sondern strategisch gestaffelt.

Das Ergebnis:

  • Weniger Koordinationsaufwand

  • Weniger Leerlauf durch Warten auf Abstimmung

  • Mehr sichtbarer Fortschritt – bei gleicher Teamgröße, ohne neue Tools, ohne zusätzliches Reporting

Was sich verändert hat? Nur der Fokus.

Drei einfache Schritte zu mehr Lieferleistung (ganz ohne Framework-Wechsel)

1. Rollen-Engpässe erkennen:
Welche Projektteams sind gerade am stärksten belastet? Wer wird immer wieder gebraucht – und kommt zu nichts?

2. Portfolio fokussieren:
Welche Projekte müssen wirklich jetzt laufen? Welche können warten – ohne strategischen Schaden?

3. Projekte gezielt limitieren:
Nur so viele Vorhaben aktivieren, wie die Engpass-Rollen verlässlich tragen können.

Kleiner Disclaimer: Frameworks können nützlich sein

Wichtig bei alledem natürlich: Wir behaupten hier nicht, dass Methoden wie Agile, DevOps oder VSM nicht werthaltig wären – im Gegenteil. Grundlegende Verbesserungen an den Lieferstrukturen eines Unternehmens sind häufig der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.

Aber: Sie entfalten ihre Wirkung erst dann voll, wenn die Organisation überhaupt Luft hat, sich zu verändern.

Fazit: Weniger gleichzeitig bringt oft mehr

Die Antwort auf Projektüberlastung ist nicht zwangsläufig eine neue Struktur oder ein neues Framework.
Sie liegt in der Steuerung – am Engpass, am Projektfokus, an der Entscheidung, was jetzt zählt … und das Schaffen dieser Luft gelingt häufig besser ohne den Overhead besagter Ansätze.

Wer zuerst entschlackt, liefert schneller. Und wer schneller liefert, hat wieder den Freiraum, über neue Strukturen nachzudenken.

Wirkung beginnt mit Vereinfachung.

Autor

Dieser Beitrag wurde verfasst von:

Thomas Forwe, Geschäftsführer FINIUS

Pierre Wienke, Business Architect und Principal, Methoden & Standards, FINIUS

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