Die EU-Sofortüberweisung kommt: Diese Vorbereitungen sollten Sie jetzt planen – FINIUS GmbH

Die EU-Sofortüberweisung kommt: Diese Vorbereitungen sollten Sie jetzt planen – FINIUS GmbH
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(Beitrag upgedated am 14.02.2024)

 

Mit einer Stellungnahme zu Sofortüberweisungen im Euro-Raum hatte der EU-Rat schon im Sommer 2023 den Weg für die Einführung entsprechender Pflichten gewiesen – jetzt hat das EU-Parlament die Neuregelung beschlossen: Banken und Payment-Service-Provider werden künftig entsprechende Verfahren bieten müssen – und zwar ohne Aufpreis gegenüber regulären Geldüberweisungen.

Auch wenn das Thema somit nicht wirklich neu ist – und die ein oder Frage bezüglich der tatsächlichen Umsetzung nachzuschärfen ist – scheinen sich aber noch nicht alle Unternehmen in einem Umfang auf die Neuerung vorzubereiten, wie wir ihn empfehlen würden.

Darum fassen wir hier nochmals alle jüngsten Beschlüsse und Entwicklungen zusammen, und listen die vorbereitenden Prüfungen und Schritte auf, die Geschäftsbanken jetzt einleiten sollten:

Zum Einstieg: Ein Blick zurück

Sofortüberweisungen sind nicht per se neu. Die EU hat seit der Einführung von Überweisungen und Lastschriften in den Jahren 2008 und 2009 stetig an der Weiterentwicklung von Überweisungsverfahren gearbeitet und im Jahr 2017 die Sofortüberweisungen „SCTInst“ eingeführt.


Aber: Dieser Standard ist noch immer nicht besonders weit verbreitet; derzeit werden nur etwa 15 Prozent aller innereuropäischen Überweisungen „sofort“ durchgeführt. Ein Umstand, der auch mit der Verfügbarkeit und den meist höheren Gebühren des Verfahrens zusammenhängen dürfte.

Ein weiterer Grund für die geringe Marktdurchdringung des Verfahrens dürfte aber auch die Verfügbarkeit von Dritt-Diensten wie etwa dem US-Service PayPal sein, die im Euroraum zunehmend Verbreitung finden; ein Umstand der ebenfalls nicht ganz im Sinne der um Verbraucherschutz und regionale Wirtschaftsförderung bemühten EU-Behörden zu sein scheint.


Um all dem gegenzusteuern, hat die EU-Kommission schon 2022 Vorschläge zur Regulierung von Sofortüberweisungen vorgelegt mit dem Ziel, Zahlungsflüsse und Liquidität von Verbrauchern und Unternehmen im Wirtschaftsraum zu verbessern.
Diese hat der Rat der Europäischen Union Ende Juni 2023 weiter konkretisiert; jetzt hat das EU-Parlament die entsprechende Neuregelung beschlossen.

Die neuen Pflichten für Banken


Besagter Beschluss klärt und detailliert eine Reihe neuer Pflichten, die schon sehr bald auf Banken und Bezahldienstleister zukommen:

  • Sofortüberweisungspflicht: Alle Zahlungsdienstleister, die Standardüberweisungen in Euro anbieten, müssen nun auch Sofortüberweisungen in Euro anbieten – und dies nun sowohl als Zahler wie auch als Zahlungsempfänger. Dies muss ohne zusätzliche Kosten für den Kunden geschehen.

  • Angebot für alle Einreichungswege: Die Sofortüberweisung muss über alle Einreichungswege angeboten werden, einschließlich Online, App, Self-Service-Terminals, beleghaft und Telefon-Banking.

  • Preisgleichheit: Die Kosten für Sofortüberweisungen dürfen nicht höher sein als die für herkömmliche SEPA-Überweisungen.

Neben diesen grundlegenden Anforderungen gibt es aber auch Anpassungen insbesondere rund um Betrugsvermeidung und Compliance. Erwähnenswert hier:

  • IBAN-Name-Checks: Banken sind überdies verpflichtet, ihren Kunden für Sofortüberweisungen eine Überprüfung von IBAN und Empfängername anzubieten. Bei Abweichungen muss der Auftraggeber informiert werden. Dieses Pflichtangebot gilt übrigens auch für die „klassischen SEPA-Überweisungen“.

  • Sanktionslisten-Abgleiche: Banken müssen ihren Kundenstamm künftig nur noch täglich gegen Sanktionslisten abgleichen. Damit soll die Beachtung von EU-Sanktionen erleichtert werden.

Die EU strebt überdies ein einheitliches Vorgehen bei der Betrugsprävention an – ein Anliegen, dessen Machbarkeit in Anbetracht der vielen starken Länderregelungen im Euroraum aber zumindest derzeit noch fraglich erscheint.

Das EU-Parlament hat die Fristen für Empfang und Versand von Sofortüberweisungen für Zahlungsdienstleister innerhalb der Währungsunion mit 9 und 18 Monate bzw. 33 und 39 Monate festgesetzt (jeweils für Annahme bzw. Ausführung der Überweisungen); sobald der Beschluss im Amtsblatt erscheint – was voraussichtlich im März der Fall sein dürfte – läuft die Uhr. Frühzeitige Planung und Vorbereitung sowie der zeitnahe Start der Umsetzung sind deshalb überaus wichtig!

Was Bankentscheider beachten sollten

Wie genau die Regeln sich auf das Payments-Tagesgeschäft von Banken und Zahlungsdienstleistern auswirken wird, hängt natürlich vom jeweiligen Fall ab.
Grundsätzlich gilt aber: Die Neuregelung betrifft auch Institutsgruppen wie vermögensverwaltende Privatbanken oder Spezialinstitute, wenn sie ihren Kunden „Zahlungskonten“, also Girokonten anbieten!

Wir sehen in Projekten und Gesprächen mit Kunden aber immer wieder diese Handlungsfelder:

  • System-Landschaft: Alle bestehenden Payment-Systeme von Banken und Dienstleistern sowie alle vor- und nachgelagerten Anwendungen z. B. für die Disposition müssen für die schnelle Abwicklung von Sofortüberweisungen nach SEPA-Standard analysiert und ggf. optimiert werden. Dies betrifft insbesondere Online-Banking-Plattformen, Apps, Kontenprüf- und Dispositionssysteme, Buchungssysteme sowie Systeme zur Betrugs- und Embargobearbeitung.

  • Kundenschnittstellen: Insbesondere die Unternehmenskunden von Geschäftsbanken werden ihrerseits Umstellungen vornehmen müssen, bei der sie ggf. Unterstützung suchen oder sogar benötigen werden. Zu nennen sind hier beispielsweise die Dateieinreichung für Echtzeit-Überweisungen aus ERP- oder Payroll-Systemen. Aber auch die Nutzung der Informationen zur Zahlungsdurchführung wie z. B. das Echtzeithabenavis (Auftragsart C5N) wird für Unternehmen von Interesse sein.

  • Lastmanagement: Verfügt eine Bank bereits über Infrastrukturen für die Bearbeitung von Echtzeit-Überweisungen, sollten diese für einen extremen Last-Anstieg vorbereitet werden. Unsere Einschätzung ist, dass dies in vielen Fällen erhebliche Investitionen in Performance-Steigerung, Skalierung und Sicherstellung von Verfügbarkeit erfordert, da die meisten Infrastrukturen auf den bisherigen – niedrigen – Bedarf ausgelegt sind.

  • Liquiditätssteuerung: Die bei Zahlungsdienstleistern heute übliche Liquiditätssteuerung, die auf „langsamen“ Clearing- und Settlement-Zyklen beruht, wird mit Einführung verpflichtender Sofortüberweisungen – 24/7/365 – obsolet. Banken und Clearer werden zu einem Modell übergehen müssen, bei dem die Liquidität als permanenter „Fluss“ betrachtet und rund um die Uhr gesteuert wird. Dies hat weitreichende Auswirkungen nicht nur auf den Cashflow der Banken selbst, sondern auch auf Detailabläufe wie z. B. Wartungs-Zeitfenster, Batch-Abläufe oder gar die Kontoauszug-Erstellung innerhalb der Payments-Infrastrukturen.

Offene Fragen und Kritik

Doch damit nicht genug: Allen erfolgten Klärungen durch EU-Rat und EU-Parlament zum Trotz bleiben weiterhin Detail-Fragen offen. So ist zwar in der Verordnung inzwischen definiert, welche Rückmeldungen aus dem IBAN-Name-Check an den Kunden zu übermitteln sind, wie festgestellte Abweichungen im Einzelfall konkret einzuordnen sind, wird die weitere Entwicklung ergeben müssen – auch, weil Fragen rund um die Bereitstellung und Haltung erforderlicher Daten ungeklärt sind.
Zwar bieten bereits heute verschiedene Dienstleister entsprechende Möglichkeiten an, dies allerdings nur in Verbindung mit jeweils proprietären Verfahren und Daten-Strukturen, was dem Grundgedanken einer „einheitlichen“ Regelung widersprechen dürfte.
Ansonsten sieht der Beschluss übrigens vor, dass Banken für den IBAN-Abgleich kein Entgelt erheben dürfen – damit ist eine Angleichung an die in Arbeit befindliche PSD3 erfolgt.

Zeitplan und nächste Schritte

Wir bei FINIUS erwarten, dass die EU-Regularien zur Sofortüberweisung in Euro bald im Amtsblatt veröffentlicht – was den Start der Umsetzungsfristen bedeutet. Gerade weil vorher noch so viel zu klären ist, raten wir derzeit allen Kunden – sofern noch nicht geschehen – die Umsetzung anzugehen!

Ausblick und Handlungsempfehlungen


Banken, Zahlungsdienstleister und deren IT-Service-Provider sollten zeitnah ein „Monitoring“ nicht nur EU-seitiger Erläuterungen zum Thema, sondern auch bezüglich entstehender Lösungen und Standards einrichten, um jederzeit über den Stand der Dinge informiert zu sein.


Zudem ist es sicherlich sinnvoll, schon jetzt „Impact-Analysen“ zu starten – einschließlich einer Bewertung der Auswirkungen der neuen Regeln auf Umsatz, Gewinn und Liquidität.


Vor allem aber sollten alle Geldhäuser und Unternehmen sich einen Überblick verschaffen, welche Systeme und Abläufe sie wie updaten müssen. Gerade hier erwarten wir erheblichen Handlungsbedarf und umfängliche, komplexe Projekte mit entsprechendem Zeit- und Ressourcenbedarf. Daher raten wir all unseren Kunden: Starten Sie so früh wie irgend möglich!

Weitere Ideen auf unserer FINIUS-internen Liste:

  • Den Markt bezüglich Dienste für IBAN-Namensabgleich evaluieren: Um zeitnah die nun benötigten zukunftsfähigen Services beschaffen zu können, sollten Verantwortliche das Gespräch mit Service-Providern wie EBA-Clearing, SurePay oder anderen suchen; die Dienstleister bemühen sich bereits jetzt darum, regelkonforme und schlanke Lösungen zu bieten.

  • Eine Strategie zur Kunden-Information insbesondere für Geschäftskunden entwickeln, um Missverständnissen vorzubeugen und eine zeitnahe Vorbereitung seitens besagter Kunden sicherzustellen.

  • Beratungsangebote schaffen, um einzelnen Geschäftskunden bei den erwähnten Vorbereitungen zu helfen (z. B. Umstellung interner ERP- und Finanzsysteme wie etwa EBICS-Schnittstellen).

  • Impact-Analyse von Experten

Keine Zeit für neue EU-Entwürfe? Wir bleiben natürlich weiterhin für Sie „im Thema“ und ergänzen unsere Einschätzungen und Empfehlungen fortlaufend – folgen Sie uns also einfach weiterhin!
Und: für Banken und Zahlungsdienstleister, die nicht selbst Hand an eine firmenspezifische Auswirkungsanalyse für die neuen EU-Regularien legen wollen, bieten wir einen entsprechenden Service – sprechen Sie uns einfach an.

Autoren

Dieser Beitrag wurde überarbeitet von:

Therese Kuhfuß, Director und Leiterin Banken-Team

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